Was erwartete die UNTAG im Norden Namibias
Wie gut wir es dagegen im Süden getroffen hatten, erfuhren wir erst Anfang Dezember, als wir die ersten von ihnen am Atlantik in Swakopmund wiedertrafen. Ihre Unterbringung waren zumeist UN-Caravans bzw. Raumzellen, jedoch ohne Klimaanlage! Diese Blechhäuser heizten sich tagsüber in der prallen Sonne auf 60° bis 70°C auf. Einmal in der Woche gab es Frischwasser durch die polnische Logistikeinheit. Rundherum nur trostlos steinige Ebene mit vereinzelten Büschen, in denen sich unzählige Plastikbeutel verfangen hatten. Dazu Unmengen nicht ganz fachgerecht entsorgter Cola-Dosen, in denen die Rinder der Ovambos standen und genüßlich die letzten Reste schleckten.
Auch war ihr Dienst wohl etwas aufregender als der unsrige im Süden. Die Positionen der politischen und Konfliktparteien, insbesondere der ehemaligen PLAN- (16) und Koevoet- (17) Kämpfer, waren eindeutig verhärtet. Dazu kam die viel schwächer entwickelte Infrastruktur im Norden des Landes. So zwangen das schwierige Terrain sowie die Ausrüstung der SWAPOL (18) mit südafrikanischen „Casspirs" die UNTAG, den UN- Polizeibeobachtern zur Erfüllung ihrer Mission geländegängige „Wolfs" zur Verfügung zu stellen, um der Polizei bei ihren Ausfahrten überhaupt folgen zu können.
Caspir der SADF im Norden Südwest Afrikas während einer Gefechtspause
Die „Wolfs“ waren leichte, hochbeinige Panzerwagen aus der Windhuker Maschinenfabrik WMF, die gegen Minen und leichte Handfeuerwaffen schützen sollten. Denn nicht wenige Landcruiser blieben anfänglich im lockeren Schwemmsand der trockenen Grenzflüsse einfach stecken, wenn die SWAPOL demonstrierte, wer der „Herr im Busch" war. Auch 60km Schotterstraße täglich hin und zurück zu legen, nur um für den fälligen Bericht ein Telefax zu erreichen, gehörte zu den Normalitäten des Nordens.
Die Geschichte der SWAPO in den Jahren vor der Wahl
An dieser Stelle scheint nochmals ein kurzer Rückblick in die jüngere Geschichte des Landes angebracht. Im März und Mai 1979 hatten Geistliche der namibischen Kirchen, die grundsätzlich der SWAPO Sympathie entgegen brachten, ihre große Sorge geäußert: „Innerhalb der SWAPO hat ein Prozeß eingesetzt, wie ihn Rußland zur Zeit Stalins erlebte. Totalitäre Kräfte werden immer stärker. Die Exil-SWAPO präsentiert sich ungeniert stalinistisch und die Ovambo Majorität aus dem Norden, der Caprivi Region, gewinnt immer mehr Einfluß. Die Gefahr des Tribalismus, der Alleinherrschaft einer Stammesgesellschaft sowie Unterdrückung aller Minderheiten, wirkt sich bereits verheerend aus. Die Gemäßigten, Intellektuellen und Besonnenen können sich gegenüber den „Hard-Linern“ nicht mehr behaupten.
Die Geschichte der SWAPO in den Jahren vor der Wahl
An dieser Stelle scheint nochmals ein kurzer Rückblick in die jüngere Geschichte des Landes angebracht. Im März und Mai 1979 hatten Geistliche der namibischen Kirchen, die grundsätzlich der SWAPO Sympathie entgegen brachten, ihre große Sorge geäußert: „Innerhalb der SWAPO hat ein Prozeß eingesetzt, wie ihn Rußland zur Zeit Stalins erlebte. Totalitäre Kräfte werden immer stärker. Die Exil-SWAPO präsentiert sich ungeniert stalinistisch und die Ovambo Majorität aus dem Norden, der Caprivi Region, gewinnt immer mehr Einfluß. Die Gefahr des Tribalismus, der Alleinherrschaft einer Stammesgesellschaft sowie Unterdrückung aller Minderheiten, wirkt sich bereits verheerend aus. Die Gemäßigten, Intellektuellen und Besonnenen können sich gegenüber den „Hard-Linern“ nicht mehr behaupten.
Ovambo Frauen vor den Trümmern ihres Hauses bei Endola. Bei der Verfolgung von PLAN Kämpfern haben es Südwest-Polizisten zusammengeschossen.
Im Abschiedsbrief eines Verschwundenen an einen Pfarrer war zu lesen: „Die internen Probleme der SWAPO resultieren aus dem Tribalismus. Wir als Namibier aus dem Süden und der Mitte leiden unter der selben Verfolgung genau wie die Nama, Damara und Herero als Minderheiten. Die Ovambo aus dem Norden reißen rücksichtslos die Macht an sich. Ihre Lager in Angola bedeutet Haft, Folter und Tod.“ Die Ovambos, das sei hier angemerkt, waren und sind mit mehr als 50% die zahlreichste ethnische Gruppe des Landes und leben vornehmlich im Norden Namibias. Sie waren die Zielgruppe der SWAPO, mit deren Hilfe sie die Wahlen gewinnen und durch 2/3 Mehrheit die Macht im Staat erobern wollte.
Radikale Elemente bestimmen fortan den Kurs. In den Jahren 1984/1985 erreichte die SWAPO Krise ihren Höhepunkt in Angola und Sambia. Frauen vermißten plötzlich ihre Männer, Kinder ihre Väter oder Mütter. Niemand erhielt eine Auskunft. Innerhalb Angolas organisierte die SWAPO einen Staat im Staat und konnte nach Herzenslust herrschen. Wer in Sambia im Exil lebte und der SWAPO unangenehm auffiel, mußte jederzeit mit seiner Verschleppung nach Angola rechnen. Dort gab es die berüchtigten Gefangenenlager. Der Aufenthalt da kam einem Todesurteil gleich.
Die Tatsache, daß Führer einer Freiheitsbewegung, die angetreten war, für die Menschenrechte und Menschenwürde eines der am meisten geknechteten Völker der Erde zu kämpfen – nicht nur gegenüber dem Feind, sondern auch gegenüber den eigenen Leuten – derartige Verbrechen begehen konnten, gibt viele Rätsel auf. Die Kriegslage erklärt nicht die Paranoia, sondern verschleiert sie nur. Der Mißbrauch des Vertrauens, das die UNO und Europa über viele Jahre der SWAPO blindlings schenkten, ermöglichte oder erleichterte all diese Verbrechen an unschuldigen Menschen.
Radikale Elemente bestimmen fortan den Kurs. In den Jahren 1984/1985 erreichte die SWAPO Krise ihren Höhepunkt in Angola und Sambia. Frauen vermißten plötzlich ihre Männer, Kinder ihre Väter oder Mütter. Niemand erhielt eine Auskunft. Innerhalb Angolas organisierte die SWAPO einen Staat im Staat und konnte nach Herzenslust herrschen. Wer in Sambia im Exil lebte und der SWAPO unangenehm auffiel, mußte jederzeit mit seiner Verschleppung nach Angola rechnen. Dort gab es die berüchtigten Gefangenenlager. Der Aufenthalt da kam einem Todesurteil gleich.
Die Tatsache, daß Führer einer Freiheitsbewegung, die angetreten war, für die Menschenrechte und Menschenwürde eines der am meisten geknechteten Völker der Erde zu kämpfen – nicht nur gegenüber dem Feind, sondern auch gegenüber den eigenen Leuten – derartige Verbrechen begehen konnten, gibt viele Rätsel auf. Die Kriegslage erklärt nicht die Paranoia, sondern verschleiert sie nur. Der Mißbrauch des Vertrauens, das die UNO und Europa über viele Jahre der SWAPO blindlings schenkten, ermöglichte oder erleichterte all diese Verbrechen an unschuldigen Menschen.
SWAPOL (18) Einheit bei einer Gefechtspause nach einem mehrstündigen Einsatz gegen PLAN Kämpfer der SWAPO im Ovambolandamboland
Namibia erfuhr bis 1989 eine regelmäßige Guerillaaktivität durch Angehörige der SWAPO, die permanent Grenzüberschreitungen von ihren angolanischen Basen praktizierten. Die damalige militärische Stärke der SWAPO-PLAN wurde auf 8.000 Mann geschätzt. Die Mehrheit der Zwischenfälle ereignete sich im Ovamboland. Trotz des Trainings von 100 SWAPO-Kämpfern in Libyen hatte die SWAPO 1985 nur sehr begrenzten Erfolg mit ihren Guerillataktiken. Allzu gründlich haben die Soldaten des namibischen Bataillons 101 im Ovamboland an der Grenze zu Angola für Ruhe und Ordnung gesorgt. Diese Ordnung jedoch war Gewalt und bewahrte, in der letzten Kolonie des afrikanischen Kontinents, die Herrschaft von 80 000 Weißen vor der Empörung fast anderthalb Millionen Schwarzer.
Das Batallions 101 war mit 2.800 Kämpfern das größte Bataillon Namibias, 98 Prozent waren Ovambo, lauter Freiwillige. Im Leben der zivilen Ovambos war das Bataillon 101 eine Bande von 2.800 Teufeln. Seit 1978 hatten sie genau 78 Männer verloren, zehn pro Jahr. Für jeden von ihnen haben sie 20 SWAPO getötet. Das Bataillon und die Koevoet, eine Anti-Guerilla-Polizei, waren die ärgsten Feinde der SWAPO. Koevoet, gesprochen Kufut, afrikaans für Kuhfuß oder Brechstange: In der Sprache der Ovambo hieß Koevoet Terror, Folter und blutiges Verrecken. Das Entsetzen vor Koevoet lähmte allen Widerstandsgeist.
Ihr Ziel war: Einschüchtern, einschüchtern, einschüchtern. Wer sich als SWAPO-Anhänger zu erkennen gab - durch Hemden, T-Shirts oder Mützen in den Farben Blau-Rot-Grün -, dem wurden mit Messern die Kleider vom Leib gefetzt, wie im März 1989 in Ondangwa mitten auf dem Markt. Dem wurden die Beine zerschossen, wie in Omadangela am hellichten Tag. Der wurde mit Gewehren provoziert, bedroht und verprügelt, wie die Schüler der G. T. Senior Secondary School von Oshakati.
Das Batallions 101 war mit 2.800 Kämpfern das größte Bataillon Namibias, 98 Prozent waren Ovambo, lauter Freiwillige. Im Leben der zivilen Ovambos war das Bataillon 101 eine Bande von 2.800 Teufeln. Seit 1978 hatten sie genau 78 Männer verloren, zehn pro Jahr. Für jeden von ihnen haben sie 20 SWAPO getötet. Das Bataillon und die Koevoet, eine Anti-Guerilla-Polizei, waren die ärgsten Feinde der SWAPO. Koevoet, gesprochen Kufut, afrikaans für Kuhfuß oder Brechstange: In der Sprache der Ovambo hieß Koevoet Terror, Folter und blutiges Verrecken. Das Entsetzen vor Koevoet lähmte allen Widerstandsgeist.
Ihr Ziel war: Einschüchtern, einschüchtern, einschüchtern. Wer sich als SWAPO-Anhänger zu erkennen gab - durch Hemden, T-Shirts oder Mützen in den Farben Blau-Rot-Grün -, dem wurden mit Messern die Kleider vom Leib gefetzt, wie im März 1989 in Ondangwa mitten auf dem Markt. Dem wurden die Beine zerschossen, wie in Omadangela am hellichten Tag. Der wurde mit Gewehren provoziert, bedroht und verprügelt, wie die Schüler der G. T. Senior Secondary School von Oshakati.